Petrischale oder Biohof?
In weniger als zwanzig Jahren soll die Erdbevölkerung die Zehn-Milliarden-Marke knacken. Schon jetzt leidet weltweit jeder Siebte unter Hunger und Unterernährung. Wird sich das Problem der weltweiten Nahrungsmittelknappheit in Zukunft lösen lassen, und wenn ja: wie? Dieser Frage geht Regisseur Valentin Thurn („Taste the Waste“) in seinem neuesten Film „10 Milliarden“ auf eindrucksvolle Weise nach. Eine Filmkritik von Sophia Latka-Kiel.
Auf der Suche nach möglichen Perspektiven, um die Welternährung sicherzustellen, stellt Valentin Thurn in seiner Dokumentation „10 Milliarden“ Konzepte vor, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Auf der einen Seite steht die konventionelle Agrarindustrie, die mittels genetischer Manipulation versucht, aus Böden und Tieren maximalen Ertrag herauszupressen. Die Dokumentation zeigt sterile Fabriken mit Menschen in weißen Ganzkörperanzügen: Bilder, wie sie aus einem Science-Fiction-Roman stammen könnten. Den Kontrast bilden Besuche bei deutschen Bio-Bauern und unabhängigen Saatgut-Initiativen in Indien – hocheffiziente Massentierhaltung aus der Petrischale vs. munter-grunzende Schweine vor grüner Kulisse.
Indem er Einblicke in globale Produktionsketten von Saatgut, Düngung, Futtermittelherstellung, Fleischproduktion und Handel gewährt, fängt der Regisseur treffend die groteske Absurdität heutiger Lebensmittelherstellung ein. Es zeigt sich, dass weder die industrielle noch die ökologische Landwirtschaft bisher ein Patentrezept gegen die weltweite Hungerbekämpfung gefunden haben. Gegen Ende des Films werden jedoch innovative Ansätze auf regionaler Ebene vorgestellt, die nichtsdestotrotz Hoffnung schöpfen lassen.
Auch jenseits apokalyptischer Zukunftsszenarien und ohne pädagogischen Zeigefinger hinterlässt „10 Milliarden“ bei den Zuschauern ein nachdrückliches Gefühl, dass wir zielstrebig in eine Sackgasse laufen, wenn sich nicht bald etwas ändert. Ein absolut sehenswerter Dokumentarfilm, der noch bis zum sechsten Mai täglich im Kino im Andreasstadel zu sehen ist!
10 Milliarden: Wie werden wir alle satt?, R: Valentin Thurn, Deutschland, 2015, 107 Min
Szenenbild © 2015 PROKINO Filmverleih GmbH