Die europäische Identität kommt von unten

Die europäische Identität kommt von unten

Studenten und Promovierende der Universität Regensburg haben das Projekt „Europa macht Schule“ in die Dom-Stadt geholt. 13 Gaststudenten waren im Wintersemester 2011/12 an neun Regensburger Schulen. Am Samstag fand im H24 die Abschlussveranstaltung statt, auf der die Projekte gemeinsam mit den Schülern vorgestellt wurden.


Die Polonaise schlängelt sich durch das Vielberth-Gebäude. Hand an Schulter gehen junge und ältere Schüler, ihre Lehrer und Studenten aus Regensburg und ganz Europa. Gerade haben sie die Bühne im H24 verlassen und versammeln sich nun im Foyer für das große Abschlussfoto des Projekts „Europa macht Schule“. Anna Juraschek, die Pressesprecherin des Projekts und Promovierende an der Universität Regensburg, tanzt sich mit weit geöffneten, winkenden Armen noch schnell auf die Bildfläche. Es wird eines jener Fotos, das man sich gerne über den Schreibtisch hängt, da, wo es alle Besucher sehen können, eines, das man irgendwann mit Stolz betrachten wird. Denn: In diesem Foto bündeln sich all die Erinnerungen und Gedanken an ein spannendes, arbeitsintensives und zukunftsweisendes halbes Jahr. Die Menge winkt für das Foto, schwenkt die Europa-Fahne und klatscht euphorisch. Anna Juraschek ist sichtlich erleichtert und glücklich.

Europäische Integration nicht ohne aktive Zivilgesellschaft

Im Herbst 2011 hat sie sich mit Stella Khalafyan, Elena Iwanow, Katrin Döppe, Jamilya Tovbaeva, Regine Schwab, Alice Buzdugan, Studenten und Promovierende an der Universität, zu einer Gruppe zusammengetan und das bundesweite Projekt „Europa macht Schule“ nach Regensburg geholt. Vor dem Hintergrund der europäischen Integrationsproblematik auf politischer Ebene stellten sich die Regensburger Studenten die Frage nach einer „Identität von unten“. Wie nehmen die Bürgerinnen und Bürger Europa wahr? Für die Gruppe ist die europäische Integration und Identitätsfindung nicht ohne aktive Mitwirkung der Zivilgesellschaft möglich. Die ehrenamtliche Gruppe will „die freie und offene Gesellschaft nicht nur konsumieren, sondern auch gestalten“, erklärt Anna Juraschek.

13 Gaststudierende aus Irland, der Tschechischen Republik, Frankreich, Spanien, der Schweiz und der Slowakei vermittelte die Regensburger Gruppe als „Botschafter ihrer Herkunftsländer“ an insgesamt neun Schulen in der Region. Sie sollten den rund 200 Schülern im Alter von sechs bis siebzehn Jahren ihr Heimatland näher bringen. Von Dezember 2011 bis Mai 2012 entstanden so zwölf Projekte um das jeweilige Land. Bei der Abschlussveranstaltung vergangenen Samstag haben die Gaststudierende diese gemeinsam mit den Schülern und Lehrern der Öffentlichkeit präsentiert: Da wurde getanzt, gesungen, geschauspielert, es wurden Familienwappen vorgestellt, Kurzfilme gezeigt und vor allem gemeinsam gefeiert. „Wir wollten den Schülern zeigen, dass Spanien nicht nur aus Siesta besteht“, sagt Álvaro Real Botija aus Spanien, der eine Grundschul-Klasse an der Hans-Herrmann-Schule besucht hatte. Gemeinsam mit Maria Alvarez Vaz hat er den Kindern spanische Grußformeln beigebracht und die spanische Küche präsentiert. Mélanie Schmidt und Melanie Santucci aus Frankreich inszenierten gemeinsam mit einer Klasse des Willibald-Gluck-Gymnasiums in einem kleinen Theaterstück den deutsch-französischen Aussöhnungsprozess nach dem zweiten Weltkrieg. Und Jana Kúdelová aus der Slowakei hat den Kindern der Grundschule Napoleonstein einen Tanz zum slowakischen Volkslied „Dinom Danom“ beigebracht. Das sind nur drei der zwölf Projekte, in denen die Schüler das jeweilige Land, die Sprache und deren Kultur spielerisch kennengelernt haben.

Die Idee muss von Menschen weitergetragen werden

„Für die Schüler erhoffen wir uns, dass ihr Interesse für Europa geweckt wurde“, sagt Anna Juraschek. „Sie sollen lernen, dass Europa sie betrifft und dass es ein Raum ist, der gestaltet werden muss.“ Die Gruppe sieht das Projekt nun nicht als beendet an. Es lebe von einer Idee, die von Menschen weitergetragen werden müsse. Im kommenden Jahr soll das Programm wieder in Regensburg durchgeführt werden. Lehrerin Daniele Voggenreiter von der St. Marien-Realschule hat am Samstag jedenfalls schon wieder zugesagt. Nur Nachwuchs sucht das Koordinationsteam in Regensburg noch: Interessierte können sich bei der Standortkoordinatorin Stella Khalafyan unter regensburg@europamachtschule.de melden.

Auf der Webseite von Europa macht Schule könnt ihr Infos zu „Schule macht Europa“ in Regensburg finden.

Text und Fotos: Christian Basl